Tierschutz und Klimawandel

Hans-Eberhard Dietrich

Alle reden vom Klimawandel. Viel zu wenig bekannt aber ist es, wie sehr in der industriellen Landwirtschaft die Nutztierhaltung dazu beiträgt, ja nicht nur beiträgt, sondern ihn geradezu beschleunigt. Das soll unter dieser Rubrik in verschiedenen Beiträgen dargestellt werden.

Klima und Tierschutz. Folge 5:Der Klimawandel ist nicht mehr zu leugnen. Wir sind schon mitten drin. Umso mehr ist Handeln dringend notwendig.

Artikel vom 22.07.2021

Alle reden vom Klima und das ist gut so. Denn er kommt nicht auf uns zu, sondern wir sind schon mitten drin. Wir können den rasanten Wandel nicht mehr leugnen: Landschaftsverbrauch, Überfischung der Meere, Ausbreitung der Wüsten, Wasserknappheit, extreme Wetterereignisse und Naturkatastrophen wie Dürren und Überschwemmungen immer größeren Ausmaßes in immer kürzerer Folge. Die Flüchtlingsströme auf Grund des Klimawandels, aber auch auf Grund regionaler unerträglich gewordener Schadstoffbelastungen nehmen zu. Die Reproduktionsfähigkeit der Natur kann mit der Belastung der Natur nicht entfernt Schritt halten. Die industrielle Tierhaltung wirkt dabei wie ein Brandbeschleuniger.

Es gibt zwar noch Zeitgenossen, die sie leugnen und mit pseudowissenschaftlichen Gutachten hausieren gehen. Die Fakten liegen jedoch auf dem Tisch. Eigentlich schon seit 1972. Die öffentliche Debatte über diese ganze Problematik wurde 1972 ausgelöst durch das Buch von Dennis Meadows: „Die Grenzen des Wachstums“. Diese Schrift zeigte schonungslos die Folgen der Industrialisierung und den Raubbau an der Natur auf, verdeutlichte aber auch Wege aus der Krise. Jetzt konnte niemandem mehr verborgen bleiben, wie begrenzt die Vorräte der Welt sind und wie hauchdünn die Biosphäre ist, die unseren Globus umgibt und die irdisches Leben überhaupt erst möglich macht.

Oder aktualisiert der Bericht vom Club of Rome 2017. (Ernst Ulrich von Weizäcker: Wir sind dran. Club of Rome: Der große Bericht: Was wir ändern müssen, wenn wir bleiben wollen. Eine neue Aufklärung für eine volle Welt, 2017.)

Trotz alledem tut sich in der großen Politik so gut wie nichts. Anfang des Jahres 2019 tagte im Davos das Weltwirtschaftsforum und stellte seinen neuesten Risikobericht vor. In der Presse war darüber zu lesen: Dieser Bericht „zeichnet ein verheerendes Bild vom Zustand der Erde. Globale Risiken nehmen zu, aber der kollektive Wille, sie zu bekämpfen, schwächt sich ab…Für viele Menschen ist diese Welt angesichts der globalen Risiken eine zunehmend ängstliche, unglückliche und einsame Welt.“ (Stuttgarter Zeitung, 17. Januar 2019, S. 11) Es scheint, dass viele der Verantwortlichen auch in der Bundesrepublik Deutschland weiterhin geblendet sind vom Fortschrittsglauben, Wachstumswahn, der Faszination, was wir angeblich alles können und letztlich geblendet von der törichten Erwartung, es wird schon alles gut gehen.

Dieser Lethargie der verantwortlichen Politiker auf allen Ebenen stellt sich nicht nur die Fridays for future – Bewegung entgegen, sondern zunehmend Menschen aus allen Generationen und Gesellschaftsschichten, bei denen das Bewusstsein wächst: Wir müssen etwas tun – jetzt. Wir sehen in unserer Gesellschaft einen spürbaren Bewusstseinswandel, der die derzeitige industrielle Landwirtschaft nicht mehr toleriert. Die großen Demonstrationen zur „Grünen Woche“ in Berlin unter dem Slogan „Wir haben’s satt“, bringen regelmäßig Zehntausende auf die Beine. Die wachsende Zahl junger Menschen, die auf einen vegetarischen oder veganen Lebensstil umsteigen und die kirchlicherseits weithin begrüßten Schülerdemonstrationen „Fridays for Future“ sind ein Zeichen für das Aufbegehren einer kommenden Generation. Die lebenswerte Zukunft, für die sie streitet, schließt auch einen anderen Umgang mit den Tieren als Mitgeschöpfen ein.

Zu nennen ist weiterhin das Engagement von zahlreichen Tierschutz- und Tierrechtsorganisationen, die es schon seit langem gibt und die sich mit Aktionen, Petitionen, Briefen an die Verantwortungsträger, mit Aufdecken und Anzeigen von Tierquälereien engagieren.  Im Oktober 2018 hat sich ein Aktionsbündnis "Kräfte bündeln - mehr Verantwortung und Schutz für die Tiere in der Landwirtschaft" gebildet. Auf Einladung der „Tierärzte für verantwortbare Landwirtschaft e.V." haben sich ca. 20 Vereine, Initiativen usw. getroffen und beschlossen verstärkt zusammenzuarbeiten. Ziel ist es, effizienter und wahrnehmbarer aktiv zu werden, indem man die Strukturen und das Wissen vieler nutzt. Die Zahl ist in der Zwischenzeit auf über 50 gestiegen.

Dieses Aktionsbündnis will die Missstände bei der Haltung sogenannter Nutztiere in der Öffentlichkeit anprangern. Es fordert die Politiker im Bund und in den Ländern auf, das geltende Tierschutzgesetz und die grundgesetzliche Verpflichtung zum Tierschutz als Staatsziel ernst zu nehmen und sie nicht auf dem Verordnungsweg praktisch außer Geltung zu setzen. Thematische Schwerpunkte waren bislang die betäubungslose Ferkelkastration, die durch die Bundesregierung um zwei Jahre verlängert wurde, und der in die Kritik geratene Transport lebender Tiere in Länder außerhalb der EU und der Haltung von Muttersauen im Kastenstand

Das Aktionsbündnis hat sich eine Präambel gegeben:

Präambel

„Tiere sind empfindsame Lebewesen und keine Sachen oder Produktionsmittel. Sie können wie wir Schmerzen, Angst, Hunger, Durst fühlen. Sie haben daher ein Recht auf Leben in Würde und Unversehrtheit. Artikel 20a GG weist die Verpflichtung, die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere durch Gesetzgebung und Rechtsprechung zu schützen, als Staatsziel aus. Diese Verantwortung nehmen wir sehr ernst. Uns eint die grundsätzliche Überzeugung, dass Menschen verpflichtet sind, Tiere als fühlende und soziale Lebewesen anzuerkennen und ihnen ein art- und verhaltensgerechtes Dasein zu gewährleisten.

Entgegen seiner Verpflichtung schützt der Staat die landwirtschaftlich genutzten Tiere jedoch NICHT! Vielmehr bedient er die ökonomischen Interessen der Tiernutzer. Der Staat setzt das Tierschutzgesetz nicht um, sondern konterkariert es auf dem Verordnungsweg. Damit sich dieses undemokratische und auch unethische Vorgehen endlich ändert, bündeln wir unsere Kräfte und setzen uns in öffentlichkeitswirksamen gemeinsamen Projekten und Aktionen für ein Ende der von der Mehrheit der Bevölkerung nicht gewollten Tierausbeutung ein.“

Das Aktionsbündnis wird motiviert von dem Gedanken: Änderungen werden sich nur einstellen, wenn sich die Verantwortlichen konkrete Ziele setzen. Alternativen, Vorschläge in allen Bereichen liegen vor. In der praktischen Politik gibt es eine ganze Reihe von Steuerungsmöglichkeiten, das Leiden der Nutztiere zu verringern oder zu vermeiden und dabei den Landwirten jenseits der industriellen Nutztierhaltung eine Zukunft zu ermöglichen, ohne die Umwelt über die Maßen zu strapazieren. In allem gilt: Man muss nur den Mut haben, sie aufzugreifen. (Zum Beispiel „Umkehr zum Leben“ 59 Thesen für eine grundlegende Reformation unserer Wirtschafts- und Lebensweise. 2017. Akademie Solidarische  Ökonomie.)

Dieser Mut könnte beflügelt werden wenn wir unsere wunderbare menschliche Gabe der Empathie, des Mitfühlens mit Freude und Leid nicht nur für die Mitmenschen, sondern darüber hinaus für alles Leben um uns herum zulassen und pflegen, ganz im Sinne von Albert Schweitzer: „Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will.“


Tierschutz und Klimawandel Folge 4: Abkehr von industrieller Tierhaltung rettet die bäuerlichen Klein- und Familienbetriebe

Artikel vom 16.04.2021

Eine Reduzierung der Tierbestände würde, wie anhand der obigen Beispiele dargestellt, nicht nur dem Tierwohl, sondern auch dem Klimaschutz zugutekommen. Es würden weniger landwirtschaftliche Ressourcen benötigt. Gülleanfall sowie Treibhausgasemissionen würden reduziert werden. Auch die Stickstoffeinträge würden zurückgehen. Die durch Futtermittelimporte und den Export von Tieren oder tierischen Produkte freigesetzten Treibhausgabe würden ebenfalls reduziert werden. Dem Klimawandel könnte mithin durch eine Verringerung der Tierbestände, mit der wiederum das Tierwohl gefördert werden könnte, wirksam begegnet werden.
Es liegt im Interesse einer zukunftsfähigen Landwirtschaft, dass die Nutztierhaltung keinen Schaden am Klima anrichtet. Inhaltlich hat dazu der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft in seinem Gutachten vom März 2015 „Wege zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung“ Stellung genommen und seine Thesen wissenschaftlich sorgfältig belegt. Es fordert von der der Bundesregierung, Maßnahmen zu ergreifen, um für die Nutztierhaltung eine gesellschaftliche Akzeptanz zu erreichen. Das ist durch eine nachhaltige Wirtschaftsweise möglich. Nur sie kann eine Reduzierung des CO2-Ausstoßes senken.

Sich dem Klimawandel entgegenzustemmen und damit zugleich die industrielle Tierhaltung zu beenden liegt letztlich auch im Eigeninteresse der Landwirte und ihrer Familien. Wie kein zweiter Wirtschaftssektor ist die weltweite Landwirtschaft von steigenden Temperaturen und veränderten Vegetationsperioden betroffen. (Quelle: Bundesinformationszentrum Landwirtschaft) Dass die industrielle Massentierhaltung nicht zukunftsfähig ist, wird selbst vom Landwirtschaftsministerium in einem Gutachten von 2015 festgestellt und ein Umsteuern als dringend notwendig angesehen.

„Die gesellschaftlichen Anforderungen an die Tierhaltung werden auch in Zukunft weiter steigen. Solche gesellschaftlichen Ansprüche können nicht unmittelbar in Politik umgesetzt werden. Stattdessen muss ein intensiver Diskurs zwischen Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Politik geführt werden, um Ziele zu definieren sowie die gesellschaftlichen Anforderungen und die Realität der landwirtschaftlichen Produktion stärker in Einklang zu bringen. Viele der derzeitigen Haltungsbedingungen sind aus fachlicher Sicht in weiten Teilen nicht tierge- recht und vor dem Hintergrund des gesellschaftlichen Wandels in wesentlichen Teilen nicht zukunftsfähig. Zudem sind sie hinsichtlich der teilweise in diesen Systemen notwendigen Tiermanipulationen rechtlich derzeit nur noch bei sehr weitgehender Auslegung von Ausnahmeregelungen zulässig.“ („Wege zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung Kurzfassung des Gutachtens Wissenschaftlicher Beirat für Agrarpolitik beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. März 2015, Kurzfassung S. 38)

Wir sehen für die Landwirte, vor allem in den klein- und mittelständischen Betrieben, eine große Chance, zur gesellschaftlichen Akzeptanz der Nutztierhaltung beizutragen, wenn sie in ihren Betrieben anerkannte Klimaziele verwirklichen. Dabei gehen wir davon aus, dass die Politik die Bemühungen der Landwirte durch entsprechende Rahmenbedingungen ermöglicht.
Die Bundesregierung muss dabei die Verluste der klein- und mittelständischen bäuerlichen Betriebe abfedern, die bereit sind, nachhaltig Nutztierhaltung zu betreiben.
Ein Weg dazu ist es, die an die Landwirtschaft ohnehin geleisteten Zuschüsse entsprechend umzuschichten, so dass für den Steuerzahler keine neuen Belastungen entstehen.
Dieses Ziel liegt nicht nur im Eigeninteresse der Landwirtschaft, sondern der ganzen Gesellschaft, die die Notwendigkeit erkannt hat, jetzt zu handeln.

Auf diese Weise nachhaltig zu produzieren würde geradezu eine Marktlücke füllen. Aber dieses Marktpotenzial ist gegenwärtig nicht annähernd ausgeschöpft. Ein überwiegender Teil der Bevölkerung zeigt eine positive Grundeinstellung zum Tierschutz und wäre bereit, auch mehr Geld für Fleischprodukte zu zahlen, zumal sich die Erhöhung der Verbraucherpreise in einer Größenordnung von nur 3 bis 6 % bewegt. („Wege zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung“, 2015 S. 1)
Diese Preissteigerung könnte reduziert werden, wenn die gegenwärtigen Zuschüsse für die Landwirtschaft entsprechend umgeschichtet werden. Das muss jedoch auch von den verantwortlichen Politikern gewollt werden.

Für die Landwirte selbst stellt ein auf das Tierwohl bedachter Umgang mit den Tieren einen unschätzbaren Innovationsschub dar, infolge eines ganzheitlichen Umgangs mit den Tieren, statt eines arbeitsteiligen. Ein bäuerlicher Betrieb, als selbständiger Familienbetrieb oder in solidarischer Kooperation mit anderen, der sich durch Generationen-Verantwortung statt kurzfristiger Gewinnmaximierung auszeichnet und von Konzernen unabhängig wirtschaften kann, entspricht am ehesten einem Landwirt, wie wir ihn aus einer langen Tradition her kennen und schätzen gelernt haben und dessen Nutztierhaltung am ehesten von der Gesellschaft akzeptiert wird.

(Die nächste Folge: Der Klimawandel ist nicht mehr zu leugnen. Wir sind schon mitten drin. Umso mehr ist Handeln dringend notwendig. Beispiele)


Tierschutz und Klimawandel Folge 3: Erst der Verstoß gegen das geltende Tierschutzrecht macht Massentierhaltung möglich und trägt zur Verschärfung des Klimawandels bei

Artikel vom 25.02.2021

Die Nutztierhaltung in ihrem heutigen Ausmaß ist nur möglich, weil sie – zum Teil gesetzlich legitimiert – in erheblicher Weise gegen Grundprinzipien des Tierschutzrechts verstößt: Gemäß dem Tierschutzgesetz muss jeder, der ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen, verhaltensgerecht unterbringen und niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden und/oder Schäden zufügen.

Die Rechtsverletzungen werden ermöglicht durch das Erlassen weitgehender Ausnahmeregelungen, tierschutzwidrige Konkretisierung in Rechtsverordnungen, Verstöße gegen Tierschutzrecht und fehlende und unzureichende Kontrollen durch die Behörden.
Die Beachtung der Grundprinzipien des Tierschutzrechts würde eine Reduzierung der Tierbestände und eine Verringerung der Produktion von Lebensmitteln tierischen Ursprungs zur Folge haben. Diese Folgen würden sich wiederum positiv auf das Klima auswirken und eine Reduzierung des CO2 Ausstoßes zur Folge haben.

Hier ist in erster Linie die Politik gefordert, insbesondere der Gesetzgeber und das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Sie muss die Grundprinzipien des Tierschutzrechts auf legislativer Ebene umsetzen. Darüber hinaus müssen auf Landesebene die zuständigen Organe die Grundprinzipien des Tierschutzrechts auf administrativer Ebene einhalten. Schließlich ist es längst überfällig, die Verbraucher umfassend über die Zusammenhänge zwischen Nutztierhaltung und Klimawandel aufzuklären.

Beispiele von Verstößen gegen das Tierschutzgesetz
Im Folgenden sollen einige Praktiken benannt werden, die in der sog. Nutztierhaltung üblich sind, jedoch unserer Meinung nach mit dem Tierschutzgesetz (TSchG), mit EU-Verordnungen bzw. EU-Richtlinien und insbesondere mit dem Auftrag der Verfassung, die seit 2002 den Tierschutz als Staatsziel festschreibt (Art. 20a), nicht vereinbar sind, weil sie durchweg aus rein ökonomischen Interessen und mit starker negativer Beeinträchtigung des Wohlbefindens bzw. Lebens bei sog. Nutztieren gehandhabt werden. Wirtschaftliche Erwägungen können aber nicht als vernünftiger Grund des §1 TSchG gelten. Wäre das der Fall, wäre logischerweise das gesamte TSchG wirkungslos.

Zwar erlauben Verordnungen der Landwirtschaftsministerien und anderer nachgeordneter Instanzen diese von uns beanstandeten Praktiken. Allerdings können Ausführungen von Verordnungen, Erlassen etc., die in der gesetzlichen Hierarchie nachrangige Vorschriften sind, sich nur im Rahmen und unter den Vorgaben der übergeordneten Rechtsvorschrift bewegen. Es kann z. B. die Tierschutznutztierhaltungs-Verordnung nicht etwas entgegen den Vorschriften des Tierschutzgesetzes zulassen, so z.B. nicht gegen die Inhalte der §§1 und 2 TSchG.
Es kann nicht angehen, dass das grundgesetzlich verankerte Ziel(e) eines demokratischen Staates durch Verordnungen, Ausnahmen und überlange Fristen unterlaufen werden dürfen.

Von den zahlreichen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz sollen hier nur drei herausgegriffen werden, die in der letzten Zeit besonders im Fokus der Öffentlichkeit standen: Die hier beispielhaft wiedergegebenen Praktiken rufen in der Öffentlichkeit in besonderem Maße Entsetzen und Widerspruch hervor:

  • das Kastrieren von unter vier Wochen alten männlichen Rindern, Schafen und Ziegen sowie unter acht Tage alten männlichen Ferkeln (mittels Skalpell und Zange werden die Hoden bei vollem Bewusstsein und ohne Schmerzausschaltung entfernt. Betroffen sind täglich ca. 80.000 Ferkel, d.h. 40 bis 50 Millionen innerhalb der vergangenen zwei Jahre)

  • Haltung von Muttersauen in Kastenständen (Nach der Tierschutznutztierhaltungs-Verordnung dürfen Sauen für etwa sechs Monate im Jahr in Kastenstände, d.h. körpergroße Metallkäfige, eingesperrt werden. In diesen Käfigen ist die Sau zu fast völliger Bewegungslosigkeit verurteilt, nur Aufstehen und Niederlegen sind eingeschränkt ausführbar. Zahlreiche Grundbedürfnisse, etwa das ungestörte Ruhen, die Trennung von Kot- und Liegebereich, das Nahrungserwerbsverhalten sowie das Nestbauverhalten sind in starkem Ausmaß eingeschränkt. Den Tieren entstehen neben körperlichen Schäden erhebliche Verhaltensstörungen wie z.B. Stereotypien.)

(Weitere Verstöße gegen das Tierschutzgesetz siehe hierzu Extraveröffentlichung von AKUT „Denkanstöße“, 2019)

(Die nächste Folge: Abkehr von industrieller Tierhaltung rettet die bäuerlichen Klein- und Familienbetriebe)


Klima und Tierschutz - Folge 2: Industrielle Nutztierhaltung und was es für Klima und Tiere bedeutet.

Artikel vom 04.02.2021

Nutztiere beeinflussten ursprünglich das Klima nicht. Das aber hat sich seit Mitte des 20. Jahrhunderts geändert. Nutztiere machen 2/3 der Lebendmasse der Welt aus. Es ist leicht nachvollziehbar, dass sie auf diese Weise das Klima beeinflussen.

Zwar verursacht in Deutschland die Energiewirtschaft etwa 80 Prozent der Treibhausgase. Hierbei handelt es sich fast ausschließlich um CO2-Emissionen, die bei der Verbrennung fossiler Energieträger wie Kohle, Erdöl und Erdgas entstehen.

Gleichwohl entstammen rund 11% der Gesamtheit der klimaschädlichen Gase der industriellen Landwirtschaft. (https://www.praxis-agrar.de/umwelt/klimawandel-und-klimaschutz/klimawandel-einfluss-der-landwirtschaft/ Damit gehört die Landwirtschaft heute zu den wichtigsten Quellen menschengemachter Klimagasemissionen (Weltkklimabericht)

Klimaschädliche Gase der industriellen Landwirtschaft bestehen zu etwa je einem Drittel aus Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) und Lachgas (N2O). Methan ist 23-fach und Lachgas fast 300-fach klimaschädlicher als CO2 ist. Emissionen von Ammoniak, das vorwiegend aus der Lagerung und dem Ausbringen von Gülle stammt, sind insofern als besonders kritisch einzustufen, als sie nicht nur relevant für das Klima sind, sondern an mehreren Stellen in natürliche Gleichgewichte eingreifen.

Insgesamt verursachen die Landwirtschaft und die landwirtschaftliche Landnutzung jährlich in Deutschland etwa 100 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente – mit gleichbleibender Tendenz. Das sind fast 11% der Gesamtheit der klimaschädlichen Gase.

Nur eine Abkehr von der industriellen Landwirtschaft kann dazu beitragen, den Klimawandel zu bremsen.

Mit der Abkehr von der industriellen Landwirtschaft wäre dem Klima geholfen. Die Alternative dazu ist ein nachhaltiges Wirtschaften mit artgerechter Haltung der Tiere.

Viele Landwirte haben sich zu diesem Weg entschlossen und gehen ihn und können sich und ihre Familien ernähren.

Die Arbeitsgemeinschaft für bäuerliche Landwirtschaft versteht sich als eine von mehreren Alternativen zum Deutschen Bauernverband. Sie ist neben anderen Organisationen, die sich gegen diese industrialisierten Massentierhaltungen wenden, gemeinsam mit Umwelt- und Tierschutzverbänden und Vertretern aus dem kirchlichen Bereich im bundesweiten Netzwerk "Bauernhöfe statt Agrarfabriken" organisiert. (https://www.tierschutzbund.de/organisation/partner/bauernhoefe-statt-agrarfabriken/)

Das Netzwerk lehnt Tierhaltung in agrarindustriellen Anlagen ab. Es setzt sich dafür ein, dass die Tierhaltung in Deutschland nachhaltig umgestaltet wird – hin zu einer klima-, tier- und sozialverträglichen Tierhaltung in bäuerlicher Hand. Ziel ist eine tiergerechte Haltung nach den Kriterien des Tier-, Umwelt- und Klimaschutzes.

https://www.tierschutzbund.de/organisation/partner/bauernhoefe-statt-agrarfabriken/

Kann die Weltbevölkerung mit nachhaltiger Landwirtschaft ernährt werden?

Kritikerinnen und Kritiker halten dagegen, dass der Ökolandbau, der nachhaltiges Wirtschaften vertritt, wegen seiner im Vergleich zum konventionellen Anbau geringeren Erträge mehr Ackerfläche verbraucht. Daher käme die ökologische Landwirtschaft nicht infrage, um die Ernährung von knapp zehn Milliarden Menschen im Jahr 2050 sicherzustellen.

Zu einem anderen Ergebnis kam das Schweizer Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL), das 2017 verschiedene Modellszenarien durchgerechnet hat: Demnach ließe sich die Welt theoretisch doch allein mit Nahrungsmitteln aus ökologischer Landwirtschaft ernähren. Allerdings nur dann, so die Einschränkung des FiBL, wenn sich gleichzeitig auch die Konsumgewohnheiten der Menschen drastisch änderten. Im Klartext hieße das: Weniger Lebensmittel wegwerfen und deutlich weniger Fleisch essen. (https://www.landwirtschaft.de/landwirtschaft-verstehen/wie-funktioniert-landwirtschaft-heute/was-ist-nachhaltige-landwirtschaft)

(Siehe hierzu auch: Homepage AKUT Rubrik: EKD Denkschrift 133, AKUT zu „Nutztier und Mitgeschöpf“, S. 8f)

(Die nächste Folge: Erst der Verstoß gegen das geltende Tierschutzrecht macht Massentierhaltung möglich und trägt zur Verschärfung des Klimawandels bei)


Zur Einstimmung - Was hat der Klimawandel mit dem Tierschutz zu tun?

Artikel vom 09.12.2020

Klima wird definiert als der mittlere Zustand der Atmosphäre an einem bestimmten Ort oder in einem bestimmten Gebiet über einen längeren Zeitraum. Zu den Einflussfaktoren des Klimas gehören unter anderen die nach Jahreszeiten differenzierte Intensität der Sonneneinstrahlung, die durchschnittlichen Temperaturen, Stärke und vornehmliche Richtung von Winden, Luftdruck, Wassertemperaturen und Niederschlagsmengen. Außerdem wird das Klima von Wasserkreisläufen, Meeresströmungen und Gesteinskreisläufen beeinflusst (https://definition-online.de/klima/).

Tiere beeinflussen ursprünglich das Klima nicht. Geändert hat sich dies allerdings seit Mitte des 20sten Jahrhunderts in Folge eines Wandels der Tierhaltung, der mit einer unvorstellbaren Zunahme der Anzahl von landwirtschaftlichen genutzten Tieren einherging: Zur Zeit macht die Lebendmasse, d.h. das Gewicht der wild lebenden Landwirbeltiere auf unserer Erde sage und schreibe nur 3% aus, das der Menschen etwa ein Drittel (1/3) und das Gewicht der Wirbel tragenden landwirtschaftlichen genutzten Tiere einschl. Geflügel knapp zwei Drittel (2/3) (zit. in Wir sind dran. Club of Rome: Der große Bericht) Letztere, als sog. Nutztiere bezeichnet, tragen tatsächlich durch die Verursachung klimaschädlicher Gase in großem Umfange zum Klimawandel bei, wenn sie Teil der industriellen Landwirtschaft sind. In diesem landläufig als „Massentierhaltung“ bezeichneten System entstehen außerdem den dort gehaltenen Tieren erhebliche tierschutzrelevante Schmerzen und Leiden, die in der Regel lebenslang andauern. Sie sind der Anpassung der Tiere an Haltungssysteme, die artgemäße Verhaltensweisen wie Bewegung und das Ausleben sozialer Bedürfnisse unterbinden, Züchtungen auf Leistungen, die die natürliche physische und psychische Belastbarkeit bei weitem übersteigen, und chirurgischen Eingriffen, die ohne Betäubung durchgeführt werden, geschuldet. Das heißt, mit der Abkehr vom System der industriellen Landwirtschaft wäre sowohl den Tieren als auch dem Klima geholfen.

Dazu gilt, dass ein solcher Umgang mit Umwelt und Tieren gesellschaftlich keine Zukunft hat und insbesondere von Christen nicht länger hingenommen werden kann, zumal er nicht nur die Würde des Tieres verletzt, sondern auch die des Menschen herabsetzt.

Nachwort: Zahlreiche Studien haben sich bereits mit den Auswirkungen der Nutztierlandwirtschaft und der Erzeugung tierischer Lebensmittel auf das Klima befasst. (Zu nennen seien hier insbesondere folgende Studien: FAO – Livestock's shadow – environmental issues and options (2006), Wie Fleisch- und Milchgiganten den Planeten aufheizen (2018), WWF – Fleisch frisst Land (2011), WWF – Tonnen für die Tonne (2012), WWF – Klimawandel auf dem Teller (2012).)

Die nächste Folge: Industrielle Nutztierhaltung und was es für Klima und Tiere bedeutet.